Angeln am See
Opa nimmt Ilja mit zum Angeln. Zuerst denkt Ilja, dass es langweilig ist, aber dann bemerkt er die Natur um sich herum und lernt Geduld. Er findet Freude in der Stille und Ruhe
Eines frühen Samstagmorgens schlich sich Iljas Großvater leise in sein Zimmer und flüsterte: „Aufstehen, kleiner Fischer! Zeit, große Fische zu fangen!“ Ilja verstand erst gar nicht, was los war, doch dann erinnerte er sich, dass sie heute zum Angeln fahren würden. Aufgeregt sprang er aus dem Bett. Er war sich sicher, dass es ein spannendes Abenteuer werden würde.
Mit seiner Lieblingskappe und den von der Oma liebevoll zubereiteten Sandwiches verließ Ilja das Haus und stieg in Opas Auto. Die Fahrt zum See war lang, und Ilja sah zu, wie die Morgensonne langsam die Felder und Bäume erwärmte.
Am See angekommen, holte der Großvater die Angelruten heraus und zeigte Ilja, wie man die Rute richtig auswirft. Ilja versuchte es genau wie Opa, aber er bemerkte, dass nichts passierte: Der Schwimmer lag einfach auf dem Wasser und bewegte sich nicht.
„Opa, wie lange müssen wir auf einen Fisch warten?“ fragte Ilja ungeduldig und schaute auf den ruhigen Schwimmer.
Opa lächelte und antwortete:
„Beim Angeln, Ilja, ist Geduld das Wichtigste. Manchmal kann es lange dauern, aber genau darin liegt der Reiz. Du bemerkst, wie alles um dich herum lebendig wird, und lauscht den Geräuschen der Natur.“
Ilja schaute sich um: Neben ihm quakte ein Frosch, Libellen schwirrten über das Wasser, und aus der Ferne erklang Vogelgezwitscher. Er fand, dass diese Geräusche tatsächlich etwas Besonderes und Magisches hatten.
Mit der Zeit bemerkte Ilja immer mehr interessante Details: wie der Wind leichte Wellen auf dem Wasser erzeugte oder wie kleine Fische zum Ufer schwammen, um zu sehen, wer da ist.
Während sie in der Stille saßen, begann Opa, Ilja Geschichten aus seiner Kindheit zu erzählen. Er sprach davon, wie er selbst zum ersten Mal mit seinem Vater zum Angeln ging, seinen ersten Fisch fing und das Gefühl hatte, ein echtes Abenteuer zu erleben. Diese Geschichten waren voller warmer Erinnerungen, und Ilja fühlte sich jetzt als Teil einer Familientradition.
„Opa, hast du dich nicht gelangweilt, wenn du allein geangelt hast?“ fragte Ilja neugierig und schaute seinen Großvater an.
„Weißt du, Ilja, in solchen Momenten lernte ich, mit mir selbst und der Natur im Einklang zu sein. In der Stille um dich herum beginnst du wirklich zu hören, was dich umgibt,“ antwortete Opa und streichelte ihm den Kopf.
Ilja dachte nach. Um ihn herum war es tatsächlich still, aber diese Stille kam ihm nicht langweilig vor. Er schaute wieder auf den Schwimmer, der sich noch immer nicht bewegte. Aber jetzt fühlte er, dass das Warten einen Sinn hatte.
Und dann, als Ilja fast vergessen hatte, dass er eigentlich auf einen Fisch wartete und die Schönheit der Natur genoss, begann der Schwimmer plötzlich zu zucken. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug. Opa sagte leise:
„Halt dich fest, Ilja! Es scheint, als ob jemand an deinem Köder interessiert ist!“
Ilja hielt den Atem an, packte die Angel fest und zog vorsichtig. Am anderen Ende der Leine rührte sich etwas. Opa half ihm, und bald kam ein kleiner, glänzender Fisch aus dem Wasser.
„Wow, ich habe einen Fisch gefangen!“ rief Ilja begeistert, als er den kleinen Fisch in den Händen hielt.
Opa lobte seinen Enkel und zeigte ihm, wie man den Fisch vorsichtig zurück ins Wasser setzt. Ilja schaute zu, wie sein Fang auf den Wellen schaukelte und davonschwamm. Er fühlte sich zufrieden, nicht wegen des Fangs, sondern wegen des Erlebnisses selbst.
Nach dem Angeln breiteten Opa und Ilja am Ufer eine Decke aus und veranstalteten ein kleines Picknick mit Sandwiches und Tee aus der Thermoskanne. Opa erzählte Ilja weitere Geschichten, und der Junge lauschte, während er in die Geräusche der Natur eintauchte und die Ruhe genoss, die ihm diese Angeltour gebracht hatte.
Als sie nach Hause kamen, wusste Ilja, dass der Tag unglaublich spannend gewesen war, obwohl er am Anfang Zweifel gehabt hatte. Jetzt verstand er, dass Angeln nicht nur aus Warten besteht, sondern auch eine Möglichkeit ist, die Natur zu genießen und Zeit mit einem geliebten Menschen zu verbringen. Er freute sich schon auf das nächste Mal, wenn er wieder Opas Geschichten hören und vielleicht noch einmal einen kleinen Fisch fangen würde.
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