Wie die Geister den Regenbogen retteten — Eine Legende des Amazonas

Tief im Herzen des Amazonas-Dschungels, wo das Grün der Bäume mit dem Himmel verschmilzt, lebten ein Bruder und eine Schwester — Luis und Ana. Sie liebten es, auf den Waldpfaden zu rennen, den Gesang der Vögel zu hören und Schmetterlinge zu beobachten. Doch eines Tages wurde der Wald still. Die Vögel hörten auf zu singen, die Blumen verloren ihre Farben, und das Wasser in den Flüssen wurde trübe.

"Etwas ist mit unserem Wald passiert," sagte Ana. Luis nickte: "Wir müssen die Geister fragen." Die Kinder gingen zu einem alten Baum, der der Legende nach das Zuhause der Waldgeister war. Dort begegneten sie einem alten Geist, der in sanftem Licht leuchtete. "Ihr seid zur richtigen Zeit gekommen," sagte er. "Die Farben des Regenbogens wurden gestohlen, und ohne sie stirbt der Wald. Nur ihr könnt sie zurückbringen."

"Wie finden wir die Farben?" fragte Luis. Der Geist reichte ihnen eine kleine Kristallkugel, die in verschiedenen Farben leuchtete. "Diese Kugel zeigt euch den Weg zu den Farben, aber seid vorsichtig: Jede Farbe ist an einem Ort versteckt, der euch auf die Probe stellt."

Die Kinder willigten ein, und ihre erste Prüfung erwartete sie am Fluss. Zwischen den Steinen bemerkten sie ein schwaches Leuchten in Rot. "Das ist die erste Farbe," sagte Ana. Doch als sie näher kamen, versperrte ein Jaguar ihnen den Weg. "Ihr bekommt die Farbe nur, wenn ihr beweist, dass ihr euch um die Waldbewohner kümmert," sagte er. Luis bemerkte einen Dorn in der Pfote des Jaguars. Vorsichtig zog er ihn heraus, und der Jaguar ließ sie zum roten Licht gehen.

Die nächste Farbe, Orange, befand sich auf einer Lichtung voller leuchtender Blumen. Doch der Weg war von dornigen Lianen überwuchert. "Wir kommen da nicht durch," sagte Ana. "Wir müssen einen anderen Weg finden." Luis fand einen langen Stock und begann vorsichtig, die Lianen zur Seite zu schieben, um einen Durchgang zu schaffen. So erreichten die Kinder das orangefarbene Licht.

Gelb war in einem Nest eines riesigen Adlers auf der Spitze eines Baumes versteckt. "Du bist zu klein, um es zu holen," sagte der Adler. "Aber ich gebe dir eine Chance, wenn du Mut zeigst." Luis bot dem Adler das Essen an, das sie mitgebracht hatten, und begann dann, den Baum hinaufzuklettern. Er erreichte das Nest und holte das gelbe Licht.

Die nächsten Farben — Grün, Blau und Violett — lagen tiefer im Wald. Grün war in den Blättern eines riesigen Baumes verborgen, der auf Musik reagierte. Ana begann zu singen, und der Baum öffnete seine Äste, um das Licht freizugeben. Blau befand sich bei einem Wasserfall, aber die Kinder mussten ein Rätsel des Wassergeistes lösen, um es zu bekommen. "Was fließt immer, bleibt aber nie stehen?" fragte der Geist. "Ein Fluss," antwortete Ana. Der Geist gab ihnen das blaue Licht. Violett war in einer dunklen Höhle versteckt, wo die Geister der Nacht ihre Freundlichkeit testeten. Als sie die reinen Herzen der Kinder sahen, ließen sie sie passieren.

Mit allen Farben kehrten die Kinder zum alten Baum zurück. Die Waldgeister hoben die Kugel mit den Farben in den Himmel, und ein strahlender Regenbogen erschien über dem Dschungel. Die Vögel begannen wieder zu singen, die Pflanzen erblühten, und das Wasser in den Flüssen wurde klar.

"Ihr habt den Wald gerettet," sagte der Geist. "Nun wird der Amazonas wieder leben. Dies ist unser Dank an euch." Er schenkte den Kindern Regenbogenarmbänder, die in der Sonne schimmerten. "Diese Armbänder werden euch an euren Mut und eure Tat erinnern."

Luis und Ana kehrten nach Hause zurück, in dem Wissen, dass sie geholfen hatten, ihren geliebten Wald zu bewahren. Seitdem wurde der Regenbogen über dem Amazonas zum Symbol des Naturschutzes, und die Kinder sorgten dafür, dass die Natur immer respektiert wurde, während sie an ihr Abenteuer zurückdachten.